Tödliche Sekunden

20. März 2025

Laut der amtlichen Unfallstatistik für das 2023 war hierzulande Übermüdung die Ursache von 1.902 Verkehrsunfällen mit Personenschaden. 3.010 Personen wurden dabei verletzt, 42 davon tödlich. Außerdem ereigneten sich 1.456 Unfälle mit schwerwiegendem Sachschaden, so das Statistische Bundesamt. Unfallexperten gehen allerdings von einer weit höheren Dunkelziffer aus, da eine Übermüdung oft nicht zugegeben oder nachgewiesen wird. Zwar gibt es in modernen Autos spezielle Anti-Müdigkeitsüberwachungen, die verhängnisvollen Sekundenschlaf verhindern sollen, „doch entscheidend ist der Mensch am Steuer“, gibt Marcellus Kaup von TÜV SÜD zu bedenken. „Wer müde am Steuer sitzt und trotz Symptomen wie häufigem Gähnen oder schwindender Konzentrationsfähigkeit weiterfährt, gefährdet sich selbst und andere“, warnt Kaup: „Wer bei Tempo 120 nur eine Sekunde wegdämmert, legt mehr als 33 Meter im Blindflug zurück.“ Klassische Anzeichen von Müdigkeit sind brennende Augenlider, unwillkürliches Frösteln, häufiges Gähnen.

„Bei den ersten Warnzeichen des Körpers sollte der nächste Parkplatz das unmittelbare Ziel sein, um ein Nickerchen zu machen. Alles andere kuriert nur an Symptomen“, warnt Marcellus Kaup. Nach einer Pause von zehn bis 20 Minuten kann es dann weiter gehen. Längere Schlafzeiten sind eher kontraproduktiv, erläutert der Experte: „Denn je länger der Kurzschlaf, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass währenddessen die REM-Phase (REM = Rapid Eye Movement) eintritt und der Kurzschlaf folglich als nicht erholsam erlebt wird.“

Für die 20-minütige Pause sollte man sich einen Wecker (Smartphone) stellen, den Kopf auf das Lenkrad betten oder die Rückenlehne zurückstellen, dann die Augen schließen und langsam zur Ruhe kommen. „Wer möchte, kann vor dem Kurzschlaf noch einen Kaffee trinken. Das darin enthaltene Koffein wirkt erst nach 30 Minuten, hindert also nicht beim Einschlafen, erleichtert allerdings das Wachwerden und verstärkt so anschließend den Erfrischungseffekt“, weiß Kaup. Der Kaffee ist jedoch nicht als Schlafersatz geeignet.

Besonders groß ist die Gefahr, wenn die Fahrt entgegen der inneren Uhr angetreten wird. Zwischen zwei Uhr und fünf Uhr morgens sowie am Nachmittag gegen 14 Uhr befindet sich der Mensch in einem biologischen Tief. Dabei führt Müdigkeit nicht nur zu Konzentrationsproblemen. „Auch die Reaktionszeit lässt deutlich nach“, gibt der TÜV SÜD-Fachmann zu bedenken. Zudem überschätzt der Fahrer seine Fähigkeiten. „Elektronische Müdigkeitswarner sind sicherlich ein Sicherheitsplus“, erklärt Kaup, „aber die wichtigste Vorsorge bleibt - nur ausgeschlafen fahren und bei langen Fahrten regelmäßig Pausen machen.“